FAU wirkt. Wir haben wieder einen Arbeitskonflikt und zu Gunsten eines unserer Mitglieder gewonnen. Hast du Probleme auf der Arbeit, dann melde dich bei uns zur kostenlosen Erstberatung +4915753107023
Autor: faus15
Protest vor dem spanischen Konsulat
Heute waren wir mit zwei Dutzend Kolleg*innen vor dem spanischen Konsulat, um gegen die drohende Haft von sechs Mitgliedern unserer Schwestergewerkschaft CNT zu protestieren.
In der Stadt Xixón im Nordwesten Spaniens hatte die CNT einen Arbeitskonflikt in der Konditorei “La Suiza”. Nachdem der Inhaber keine Gesprächsbereitschaft zeigte, gab es Protest und Kundgebungen vor dem Laden. Ein Mittel, dass viele Gewerkschaften anwenden, um Öffentlichkeit zu erzeugen. Daher schlägt der Fall hohe Wellen in der spanischen Gewerkschaftsbewegung, denn er droht zu einem Präzedenzfall zu werden, bei dem solche Aktionen kriminalisiert werden können.
In Stuttgart zeigten wir internationale Solidarität: In der Nähe des Generalkonsulats gab es eine Auftaktkundgebung mit zwei Reden. Die eine klärte über den Fall an sich auf, während die andere die Akteure der Gegenseite beleuchtete. Diese gehören dem Unternehmertum, Politik, Verwaltung und Justiz an und sind eng miteinander verstrickt. Sie alle eint eine rechte, gewerkschafts- und frauenfeindliche Haltung und Verhalten. [Die Reden findest du zum Download am Ende des Artikels]
Eine lautstarke und im Wohngebiet dann dadurch auffallende Demonstration führte uns dann bis vors Konsulat, wo wir noch eine kurze Grußbotschaft der CNT auf spanisch und deutsch hörten. Abschließend ließ sich der Generalkonsul Ricardo Mor Solá persönlich blicken, nahm unser Protestschreiben samt Beweisfoto entgegen und versicherte, dass er davon nach Madrid ins Außenministerium berichten wird. Wir wiesen ihn darauf hin, dass dies sogar seine Pflicht ist.
Ein starker Tag, ein starkes Zeichen der Solidarität! Freiheit für die 6 von La Suiza! Für die Gewerkschaftsfreiheit weltweit.
Grußbotschaft der CNT als Audio Nachricht
Grußbotschaft der CNT als Text auf spanisch und deutsch
Freiheit für die Sechs von La Suiza!
Gefängnisstrafe nach Arbeitskonflikt?
In der spanischen Stadt Gijón kämpfte 2017 unsere Schwestergewerkschaft CNT um die Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Belegschaft in der Konditorei “La Suiza”. Es ging um nicht bezahlte Überstunden und Urlaub, sexuelle Belästigung sowie der Kündigung einer schwangeren Kollegin. Nachdem der Chef ein Gesprächsangebot ausgeschlagen hatte, gab es angemeldete Kundgebungen und Aktionen vor der Firma mit Flugblätter Verteilen, Transparente Zeigen und öffentliche Reden über Lautsprecher. Stets war Polizei anwesend und es gab keinen einzigen Zwischenfall, den diese verfolgt hatte. Die gegnerische Seite antwortete jedoch auf die Gesprächsbereitschaft der kämpfenden Kolleg*innen mit juristischen Klagen unter anderem wegen Nötigung und Schadenersatzforderungen in einer über 11.000 Seiten(!) umfassenden Klageschrift. Ein als sehr arbeiter- und gewerkschaftsfeindlicher bekannter Richter am Landesgerichtshof folgte dem Anliegen des Chefs und verurteilte in 2021 6 Kolleginnen zu jeweils 3,5 Jahren Haft ohne Bewährung und zu einer Geldstrafe von insgesamt 125.428€, die an den Unternehmer zu zahlen ist. Die CNT legte Berufung ein, aber der oberste spanische Gerichtshof hatte im vergangenen Juni das vorhergehende Urteil bestätigt. Die verbliebenen Rechtsmittel sind verschwindend gering: Der Gang zum Europäischen Gerichtshof bzw. der juristische Versuch die Gefängnisstrafe zur Bewährung auszusetzen.
Arbeitskonflikt und Kundgebung
der CNT vor der Konditorei “La Suiza”.
Wir sind mehr als Sechs!
Die für ihre klare klassenkämpferische Haltung bekannte Gewerkschaft CNT antwortete in all den Jahren neben legalen Mitteln auch mit einer Vielzahl von öffentlichen Protestaktionen auf die Urteile sowie mit zwei zentralen Demonstrationen in Madrid und im vergangenen Juni in Gijón unter dem Motto “Gewerkschaftsarbeit ist kein Verbrechen!”. Sollten die Urteile Schule machen und zu einem rechtlichen Standard werden, würde die Gewerkschaftsfreiheit und -arbeit in Spanien einen sehr massiven Rückschlag erleiden. Weil auch weitere Gewerkschaften diesen Angriff so einordnen, gab es daher eine gemeinsame, historisch einmalige Pressekonferenz aller großen spanischen Gewerkschaften am 13. Juli 2024, um die CNT in diesem Konflikt zu unterstützen. Mehrere Dutzende Gewerkschaften zeigen derzeit ihre Solidarität und rufen am 28. September in Gijón zu einer Demonstration für die sechs Kolleginnen der La Suiza und für die Gewerkschaftsfreiheit auf. Auch die Internationale Konföderation der Arbeit (IKA, icl-cit.org) ruft zu einem internationalen Aktionstag an diesem Datum auf. Die FAU stets verbunden mit dem Gedanken und dem festen Glauben an die Stärke der internationalen Klassensolidarität ist mit dabei!
In Stuttgart rufen wir daher zu einer Protestkundgebung vor dem spanischen Konsulat auf. Beginn am 28.9. um 13:30 in der Hugo Borst Anlage!
- Ihr seid nicht allein! ¡No estáis solas! You are not alone!
- Freiheit für die sechs Kolleginnen der La Suiza! ¡Libertad para las seis compañeras de La Suia! Freedom for the six from La Suiza!
- Gewerkschaftsarbeit ist kein Verbrechen! ¡Sindicalismo no es un delito! Labour union action is not a crime!
Betriebsgruppe im Rudolf-Sophien-Stift Stuttgart gegründet
Wir sind Mitarbeiter:innen des Rudolf-Sophien-Stifts und haben uns in einer Betriebsgruppe zusammengeschlossen. Die Betriebsgruppe ist Teil der Basisgewerkschaft Freie Arbeiter:innen Union Stuttgart (FAU).
In der Betriebsgruppe können Beschäftigte aller Berufsgruppen des Unternehmens ohne Personalverantwortung Mitglied werden. Gemeinsam wollen wir unsere Arbeitsbedingungen verbessern. Darunter verstehen wir Bezahlung und Zuschlagsregelungen, Anrechnung der Arbeitszeit und Überstundenregelungen, Arbeitsbelastung, Gesundheitsschutz, Sozialleistungen, die Wahrung der Interessen von uns Mitarbeitenden und vieles mehr.
Wir haben die Betriebsgruppe nicht gegründet, weil das Rudolf-Sophien-Stift schlechtere Arbeitsbedingungen bietet als andere Sozialunternehmen in der Region Stuttgart. Wir sind vielmehr der Ansicht, dass es in jedem Unternehmen Betriebsgruppen und aktive Gewerkschaftsarbeit braucht – auch und gerade im sozialen Bereich.
Als Betriebsgruppe und Teil der Basisgewerkschaft FAU bieten wir:
- als Mitarbeiter:innen des Rudolf-Sophien-Stifts kennen wir die Gegebenheiten im Betrieb und können uns gegenseitig beraten
- wir unterstützen uns gegenseitig und suchen gemeinsam nach Lösungsmöglichkeiten bei Problemen auf Arbeit
- Fortbildungen zu Arbeitsrecht, gewerkschaftlicher Betriebsarbeit und andere Themen
- unkomplizierter Kontakt zu Arbeitsrechtsanwälten in Stuttgart
- mit der FAU Stuttgart haben wir einen starken Rückhalt: Die Mitglieder der Gewerkschaft unterstützen uns wo es notwendig und von uns gewünscht ist; die FAU Stuttgart stellt für die Betriebsgruppe Gelder und Räumlichkeiten für unsere Arbeit zur Verfügung
- Öffentlichkeitsarbeit über unsere Gewerkschaftsmedien
- durch den Zusammenschluss von über 30 lokale Gewerkschaften in der FAU haben wir bundesweit (und sogar international) Kontakte zu anderen Beschäftigten in unserer Branche
- Du arbeitest beim Rudolf-Sophien-Stift und bist interessiert? Dann schreib uns eine e-mail an faus-rss@fau.org oder komm zu unserem nächsten Treffen.
- Hier kannst du Mitglied der FAU Stuttgart werden.
Es gibt keine illegalen Streiks, nur erfolgreiche!
Wir Arbeiter leiden unter den explodierenden Preisen für Nahrung, Miete und Energie. Streiks, die zu deutlich höheren Lohnabschlüssen oder Arbeitszeitverkürzungen führen, sind also zu begrüßen. Wir gratulieren allen Arbeiter’innen, die bereits legitime Lohnzuwächse erkämpft haben und solidarisieren uns mit ihnen.
Gleichzeitig leiden wir Arbeiter*innen auch unabhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung immer wieder unter direkter Ausbeutung durch die Bosse unter denen wir arbeiten müssen, unter Verschleppung der Lohnauszahlung, unter unfairen Verträgen oder manipulativem Verhalten. Das funktioniert aber nur, wenn wir uns nicht zusammen tun, sondern als einzelne unseren Bossen ausgeliefert sind. Deswegen müssen wir uns als eine Gemeinschaft der Lohnabhängigen begreifen, uns in unseren Kämpfen für bessere Löhne und Arbeitsbedingungen koordinieren und gemeinsam und solidarisch für unsere Rechte kämpfen.
Diesen Kampf gestalten wir als Arbeiter*innen und lassen uns dabei nicht einschüchtern.
Der 1. Mai ist unser Tag. Er ist der Tag der Arbeiter*innen, an dem wir das Erreichte feiern und um für eine solidarische Gesellschaft der Zukunft zu kämpfen. Dazu rufen wir alle Arbeiter*innen der Region Stuttgart-Tübingen auf, gemeinsam mit uns in Tübingen um 10:30 Uhr am Europaplatz unsere Solidarität zu demonstrieren. Kommt in den Bereich der Freien Arbeiter’innen Union, den ihr an unseren schwarzroten FAU-Fahnen erkennt!
Am Nachmittag feiern wir dann auf dem 1. Mai Fest im Stadtteilzentrum Gasparitsch, wo für das leibliche Wohl gesorgt ist und wir mit dem Kasperletheater “Black Cat Strikes” eine Premiere für Jung und Alt begehen. Am Abend nehmen wir noch auf der Kundgebung auf dem Ostendplatz teil. Kommt zahlreich!
Broschüre Arbeitsrecht erschienen
Eine aktualisierte Broschüre zum Arbeitsrecht ist von der FAU erschienen. Darin geht es um grundlegende Arbeitsrechte wie bezahlten Urlaub, Mindestlohn und Lohnfortzahlung
im Krankheitsfall.
Gleichzeit werden in der Broschüre grundlegende Methoden vorgestellt, um Kolleg*innen auf Arbeitsbedingungen anzusprechen und gemeinsam für die Lösung von Problemen im Betrieb einzustehen. Wenn wir langfristig etwas an unseren Arbeitsbedingungen ändern wollen, können wir das nur gemeinsam mit unseren Kolleg*innen und mit einer Gewerkschaft im Rücken.
Es ist traurige Realität, dass die sowieso schon schlechten arbeitsrechtlichen gesetzlichen Mindeststandards häufig unterlaufen werden. Insbesondere bei Minijobs, Zeitarbeit und in bestimmten Branchen wie z.B. Gastronomie und Einzelhandel ist das der Fall.
An dieser Stelle ist es wichtig zu betonen, dass staatliche Gesetze eine Grundlage für die ungleiche Vermögensverteilung und gesellschaftlichen Hierarchien sind und nur sehr eingeschränkt zur Lösung des Problems beitragen können. Trotzdem ist es wichtig, dass wir gesetzliche Reglungen dort kennen und nutzen, wo sie für uns, als Arbeiter*innen von Vorteil sind. So soll die Broschüre euch beispielsweise das nötige Know-How an die Hand geben, um Lohn für unbezahlte Arbeitszeit eines früheren Jobs einzutreiben oder einen Umgang mit der eigenen Kündigung zu finden.
Diese Broschüre soll Mut machen, für bessere Arbeitsbedingungen zu kämpfen – am besten gemeinsam. Wenn wir um unsere Rechte wissen ist es leichter sich für bessere Arbeitsbedingungen einzusetzen.
Du findest die Broschüre zum Download hier:
…oder in gedruckter Form bei unseren Treffen bzw. schreib uns einfach!
Hohe Abfindung für Mitglied erstritten
Unser Mitglied Felix hat gerichtlich eine Abfindung von der Firma VeloCarrier erstritten. Er war Ende 2022 von dem Unternehmen aus der Branche der Lieferdienste gekündigt worden, nachdem er sich zuvor im Betrieb gewerkschaftlich engagiert hatte. Er machte sich in der Firma stark für gute Arbeitsbedingungen und sorgte unter anderem dafür, dass den Radkurieren passende Winterarbeitskleidung zur Verfügung gestellt worden ist. Pünktliche Lohnzahlungen waren auch ein Thema.
Als Felix gekündigt worden ist, organisierte die FAU Stuttgart Ende November 2022 eine Kundgebung vor dem Betrieb, um klar zu machen, dass VeloCarrier nicht ohne gewerkschaftliche Antwort eines unserer Mitglieder feuern kann. Gleichzeitig reichte Felix im Rahmen unserer Strategie eine Kündigungsschutzklage ein und wurde von unserem Kooperationsanwalt beraten. In der Güteverhandlung im Frühjahr 2023 wurde vom Arbeitsgericht eine Abfindung für Felix in Höhe eines mittleren, vierstelligen Betrages festgesetzt. Als die Firma auch diese Abfindung ablehnte, brachte der darauf folgende Gerichtstermin Ende 2023 keine Änderung: VeloCarrier muss zahlen.
In diesem Zusammenhang weisen wir auf die gleiche Situation der Kolleg*innen von der FAU Berlin hin, die von der gleichen Firma (EcoCarrier = VeloCarrier) hingehalten und dann entlassen worden sind. Mit einer Kampagne in Tübingen, wo der Firmensitz ist, haben wir solidarisch deren Kampf unterstützt. Auch diese Kolleg*innen konnten mit Hartnäckigkeit und der Gewerkschaft FAU ihre Rechte durchsetzen und ausstehende Löhne und Abfindungen mussten gezahlt werden.
Unser Mitglied freut sich über die Abfindung – das Unternehmen ärgert sich über die teuren Kündigungen. #geldher!
Bangladesh: Textilarbeiter*innen fordern gerechten Mindestlohn!
Zehntausende Arbeiter*innen der Textilindustrie sind in Bangladesh in den Streik getreten, nachdem die Regierung den Mindestlohn erhöht hatte. Warum das denn, hört sich erst Mal doch gut an? Die Erhöhung reicht eben nicht aus, sich mit dem Nötigsten aufgrund der Inflation versorgen zu können. Die streikende Gewerkschaft GWTCU fordert 25.000 BDT (=210€) als Monatslohn. Der gesetzliche Mindestlohn sieht lediglich eine Erhöhung auf 8.000 BDT (=67€) vor. Da liegen Welten dazwischen! daher ruft unsere internationale Gewerkschaft ICL-ICT zu solidarischen Aktionen auf. Statt Billig-Billig-Black-Friday, gerechten Lohn für unsere Kolleg*innen in der Textilindustrie in Bangladesh und weltweit!
Mehr Infos
Das Garment Workers’ Trade Union Center (GWTUC), mit denen wir bereits seit Jahren in Kontakt stehen und auch in der Vergangenheit Arbeitskämpfe erfolgreich solidarisch begleitet haben, ruft nun dazu auf den Arbeitskampf zu globalisieren. Seit dem 14. ruft auch Verdi in Deutschland zur Solidarität auf.
In den letzten Wochen wurden (vorübergehend) hunderte Fabriken dicht gemacht, teilweise wegen der Streiks, teilweise weil Farbikbesitzer den Streiks zuvorkommen wollen. Die Streikenden werden regelmäßig von Cops angegriffen, häufig mit scharfer Munition. Mittlerweile patroulliert die para-militärische Border Guard Bangladesch (BGB) auf einigen Straßen. Bisher sind fünf Arbeiter*innen bei den Auseinandersetzungen ums Leben gekommen: Russel (von Cops erschossen), Emran (in einem Feuer einer Fabrik ums Leben gekommen), Anjuaran (von Cops erschossen), Name unbekannt (von einem Bus erfasst bei dem Versuch von Cops wegzurennen) und Jalal (von Cops erschossen).
Maßgebliche Profiteure von den ausbeuterischen Verhältnissen sind neben den Fabrikbesitzern auch die Einzelhandelsketten. Zu den Hauptabnehmern gehören Klamottenfirmen wie Adidas, H&M, Hugo Boss, Nike, Gap, Abercrombie & Fitch und lululemon, aber auch Discouterketten wie Lidl. Der Arbeitskampf kann international ausgeweitet werden, indem wir die Marken unter Druck setzen und sicherstellen, dass die Fabrikbesitzer und damit ihre Handelspartner den Arbeiter*innen mindestens 25.000 BDT zahlen!
Internationale Gewerkschaft ICL-CIT
Alle fehlenden Löhne und dazu Abfindungen erkämpft!
Die FAU Stuttgart feiert den erfolgreichen Abschluss der VeloCARRIER-Kampagne. Nach sieben Monaten voller Gerichtsverhandlungen, Demonstrationen, Pressearbeit und Selbstorganisation einigten sich die von einer Massenentlassung betroffenen Arbeiter:innen der ecoCARRIER AG/veloCARRIER GmbH außergerichtlich auf die Zahlung aller ausstehenden Löhne und zusätzlicher Abfindungszahlungen. Mit zwei Demonstrationen hatte die Stuttgarter Gewerkscharft der FAU die Kolleginnen und Kollegen aus Berlin bei ihrem Arbeitskampf unterstützt, denn der Firmensitz dieser Firma befindet sich in Tübingen.
Am Mittwoch, den 21.06., war es soweit. In den Räumlichkeiten der Freien Arbeiter:innen Union (FAU) Berlin einigten sich die Verhandlungsführerin der FAU mit Geschäftsführer Raimund Rassillier, auf Abfindungszahlungen von etwa einem Monatslohn pro Arbeiter*in und die Zahlung der ausstehenden Löhne.
Bis Dezember hatten die Fahrer:innen unter anderem Gemüsekisten für REWE und andere Unternehmen ausgeliefert. Die Arbeitsbedingungen wurden trotz gegenteiliger Versprechen zunehmend schlechter und gefährlicher, so wurden die Fahrräder nicht gewartet, die Löhne nicht regelmäßig oder falsch ausgezahlt, die Schichtplanung spontan geändert. Als Grund benannte ecoCARRIER AG/veloCARRIER GmbH in der Regel zufällige Fehler und Ausnahmen, die zeitnah behoben werden sollten. Die Standortleitung Berlin kündigte aufgrund der unüberwindbar schlechten Arbeitsbedingungen und ihrer eigenen Überlastung. Kurz nachdem die Beschäftigten eine Betriebsratswahl begonnen hatten, reagierte Rassillier mit der Ankündigung der Schließung des Berliner Standorts. Die Kontaktaufnahmen einzelner Arbeiter:innen ignorierte das Unternehmen konsequent, so auch gemeinsam formulierte Briefe. Die ersten zehn Gütetermine vor dem Arbeitsgericht wurden von seiten der ecoCARRIER AG/velo CARRIER GmbH kurzfristig verschoben. Trotz dieser Verzögerungstaktik hielten die Arbeiter:innen an ihrem Anliegen fest, gründeten die Betriebsgruppe ecoCARRIER innerhalb der FAU und organisierten unter anderem eine Fahrraddemo zu einem der Arbeitsorte sowie eine Demonstration vor REWE in Neukölln.
„Zu jedem Gerichtstermin traten wir als Gruppe auf. So konnten wir zunächst die Aufnahme außergerichtlicher Verhandlungen erwirken und im Weiteren den Druck aufrechterhalten, um die Verhandlungen zu einem Erfolg zu führen.”
Helen W, Fahrerin und Teil der FAU-Betriebsgruppe.
Die außergerichtliche Einigung ist nicht der einzige Erfolg: So standen die entlassenen Arbeiter:innen über sieben Monate zusammen und traten solidarisch füreinander ein. Wissen über Arbeitsrecht und den Ablauf einer Kündigungsschutzklage wurde gesammelt. Dieser Prozess stärkte ihr Bewußtsein als Arbeiter*innern und gemeinsam kämpfende Kolleg*innen. Mitglieder der FAU traten wiederholt als Beistand in Güteverhandlungen auf und wurden vom Gericht als solche anerkannt. Die verschiedenen Presseberichte über diesen Kampf gegen Entlassungen und schlechte Behandlung erhöhten die Aufmerksamkeit für Missstände in der Branche.
„Dieser Sieg ist ein Beweis dafür, dass ungerechtfertigte Entlassungen und schlechte Arbeitsbedingungen nichts sind, das Arbeiter:innen hinnehmen und ertragen müssen. Wenn wir uns als Arbeiter:innen organisieren und uns wehren, sind wir schwer zu besiegen. Dieses Wissen können wir in zukünftige Arbeitsverhältnisse mitnehmen.”
Anna B, Fahrerin und Teil der FAU-Betriebsgruppe.
Auch die FAU Stuttgart wertet den Abschluss der Verhandlungen als Erfolg. Die Einigung zwischen der Gewerkschaft und dem Geschäftsführer Rassillier erfolgte in der Woche nach der Demonstration der FAU in Tübingen.
Die Kolleg*innen aus Berlin gehen davon, dass der Druck durch die Demonstration in Tübingen definitiv dazu beigetragen hat, ein so gutes Ergebnis zu erzielen. Die Sektion Tübingen-Reutlingen der FAU Stuttgart befindet sich im Aufbau und soll in Zukunft zur Gründung einer eigenständigen, lokalen Gewerkschaft führen. Für sie war es die erste Kampagne, die sie durchgeführt haben.
„Wir sind sehr glücklich, direkt solch einen Erfolg feiern zu können. Das Ergebnis zeigt die Wirkmacht der Freie Arbeiter*innen Union im besonderen und kollektiver Arbeitskämpfe im allgemeinen. Wir laden alle Arbeiterinnen und Arbeiter ein der FAU beizutreten!”
Christoph F, aktiver Gewerkschafter, FAU Sektion Tübingen
Unser 1. Mai auf der Straße
Am internationalen Kampftag unserer Klasse gehen weltweit Arbeiter*innen auf die Straßen und fordern ihre Rechte und Verbesserungen auf der Arbeit ein. Es ist auch ein Tag an dem auch größere politische Forderungen gestellt werden. Die FAU Stuttgart war daher auch auf der Straße.
Wir treten seit vielen Jahren für eine Verkürzung der Arbeitszeit für alle ein und so war auch an diesem 1. Mai unser Transparent mit der Forderung nach einer 30-Stunden Wochen zu sehen. Wir trafen uns am Vormittag in Stuttgart, um gemeinsam nach Tübingen zu fahren. Das war neu für uns an einem ersten Mai! Dort unterstützten wir ab 10 Uhr unsere dortigen Kolleg*innen auf der Demo und mit einem Infostand. Während Freund*innen uns auf der Stuttgarter Demo vermissten, war die Freude um unseren Support und Erfolg in Tübingen groß. Ein durchgehend lautstarker Block mit zwei gut sichtbaren Transparenten und unseren Fahnen fast am Ende der Demo zog große Aufmerksamkeit an und weckte Interesse, weil viele Menschen uns noch bis zum Mittag immer wieder ansprachen. Unsere kostenlose 1. Mai Zeitung wurde daher zu hunderten an Interessierte Passant*innen und Demoteilnehmer*innen verteilt und war schnell vergriffen bevor die Demo zu Ende war.
Um 13 Uhr ging es wieder gemeinsam zurück, um zum Beginn des Straßenfestes des Stadtteilzentrums Gasparitsch im Stuttgarter Osten zu sein. Dort halfen wieder etliche Kolleg*innen von uns aus in vielen freiwilligen Arbeitsdiensten. Einige spendeten Salate und Kuchen für die kulinarische Versorgung, die wiederum gegen Spende also kleines Geld an die vielfältigen Besucher*innen ausgegeben wurden. Die Linsen und Spätzle (optional mit Saidawürschdle) am Abendessen war dabei das sicher gesetzte schwäbische Highlight. Aber vor diesem leckeren Abendessen drehten wir auch in Stuttgart nochmal auf:
In einem sehr gut besuchten Kurzvortrag stellten wir unsere Gewerkschaft mit praktischen Beispielen vor. Danach ging es um kurz vor 17 Uhr vom Stadteilzentrum in einer kurzen, schnellen aber auch lauten und sichtbaren Demo zum Ostendplatz. Dort hielt ein Kollege von uns eine der vier Reden, die mit jeweils etwa fünf Minuten nicht allzu lang waren und nochmals für gute Stimmung unter den Teilnehmerinnen sorgte. Auch unser Kollege bekam mehrmals zustimmenden Zwischenapplaus, auch als er am Ende seiner Rede erklärte: “Denn einen Finger können sie brechen, aber fünf Finger sind ne Faust!” und die Anwesenden aufforderte in eine Gewerkschaft einzutreten, am besten natürlich bei uns, der FAU Stuttgart!