Tübingen: Vernetzungstreffen der Grünen Gewerke

Das Foto zeigt eine Demonstration mit FAU / Grüne Gewerke MitgliedernLiebe Kolleg*innen, liebe Azubis, liebe Mitstreiter*innen in den Grünen Gewerken,
am Sonntag den 23. November 2025 treffen wir uns um 14 Uhr in der Schellingstrasse 6 in Tübingen, um in einen Austausch über unsere Arbeitsbedingungen im grünen Bereich zu kommen.

Warum?
Auch wenn wir unsere Berufe meistens für sinnvoll halten und gerne im Gartenbau und in der Landschaftspflege tätig sind oder waren, leiden viele von uns im Betrieb unter zahllosen Überstunden, wenigen Urlaubstagen und Urlaubssperren, langen und unbezahlten Anfahrten und oft auch unter sexistischer und rassistischer Diskriminierung oder cholerischen Chef*innen. Auch nicht eingehaltene Pausen, körperlich harte Arbeit bei allen Witterungslagen, der Umgang mit fragwürdig zusammengetüftelten Maschinen und Pflanzenschutzmitteln und ihre gesundheitlichen Folgen machen uns zu schaffen. Nur ein Bruchteil von uns schafft es in den körperlich und psychisch anstrengenden Bereichen der Branche bis zur Rente.

Die Zahl der meldepflichtigen Unfälle lag in den letzten Jahren in unseren Branchen zwischen 57.000 und 61.000, wobei alle wohl aus Erfahrungen wissen, dass leider viele Kolleg:innen Arbeitsunfälle nicht melden.wir erleben auch, dass Freund:innen und Genoss:innen ihren Beruf wechseln müssen, weil sie den Arbeitsalltag nicht mehr packen.

Was können wir tun?
Aber wir können das auch ändern: Mit der basis-gewerkschaftlichen “Initiative Grüne Gewerke” (IGG-FAU) haben in den vergangenen Monaten zwei Landarbeiter:innen bei der Auseinandersetzung mit einem Landwirtschaftsbetrieb bei Potsdam bei ihrem ehemaligen Chef bereits über 10.000€ Lohn, Urlaubsentgelt und Mietkaution eingetrieben, wobei es u.A um 270 nicht bezahlte Überstunden aus einem Arbeitsjahr ging. Das Programm und die Forderungen der Initiative Grüne Gewerke findet ihr unter https://gruene-gewerke.fau.org/?page_id=426.

Lass uns treffen!
Wir von der Freien Arbeiter*innen Union (FAU) Tübingen Reutlingen finden, dass es auch hier im Ländle an der Zeit ist uns in unserer Branche zu organisieren. Dafür wollen wir am einen Raum für Austausch und Vernetzung schaffen und anschließend am liebsten einen regelmäßigen Austausch starten, der je nach Bedarf entspannt, freundschaftlich, fachlich oder arbeitsrechtlich sein kann. Wir wollen ein Netzwerk der gegenseitigen Hilfe und Unterstützung von uns Auszubildenden und Arbeitnehmer*innen schaffen – für uns selbst und die nach uns kommen und können dabei auch an bereits vorhandene solidarische Netzwerke bundesweit und international anknüpfen. Wir wollen uns einen Überblick über die Situation in Betrieben in der Region verschaffen und gemeinsam über unsere eigene Rechte lernen und diese dann auch einfordern.

Kommt vorbei!
Wir wollen uns über unsere Situation in unseren Betrieben austauschen und uns kurz über die unsere Möglichkeiten mithilfe von Basis-Gewerkschaften informieren. Außerdem gibt es eine warme Mahlzeit, Snacks und Getränke. Was danach passiert ist euch überlassen! Alle im grünen Bereich, die kein Chef oder Chefin sind, sind herzlich Willkommen! Sonntag den 23.November 2025 14-17 Uhr, Schellingstraße 6, Tübingen

Erfolg für gewerkschaftliche Beratung: FAU unterstützt bei Lohnnachzahlung

SharePic mit dem Text: Erfolgreicher Arbeitskampf durch FAU Beratung - verweigerter Monatslohn wurde nachbezahltDie gewerkschaftliche Beratung der Freien Arbeiter*innen Union (FAU) Tübingen-Reutlingen hat kürzlich zu einem erfolgreichen Abschluss eines Arbeitskonflikts geführt. Ein junger Beschäftigter wandte sich an die FAU, nachdem ihm eine große Einzelhandelskette den letzten Monatslohn verweigerte. Der Hintergrund: Die Filiale stellte keine Minijobber mehr ein und kündigte kurzerhand allen geringfügig Beschäftigten – darunter auch dem Betroffenen, der im letzten Monat seiner Beschäftigung krankheitsbedingt nicht arbeiten konnte.

Die FAU konnte rasch klären, dass der Lohnanspruch trotz Erkrankung weiterhin bestand, und forderte diesen gemeinsam mit dem Betroffenen ein. Dank solidarischer Unterstützung und gewerkschaftlichem Druck wurde die Auszahlung des ausstehenden Lohns erfolgreich durchgesetzt.

Die FAU Sektion Tübingen-Reutlingen bietet jeden vierten Montag im Monat von 18 bis 19 Uhr eine offene gewerkschaftliche Beratung im Büro Aktiv (Bei der Fruchtschranne 6, 72070 Tübingen) an. Alle Interessierten und Beschäftigten mit Fragen oder Problemen rund um ihr Arbeitsverhältnis sind herzlich willkommen.

Dresden: Wegen Kündigungen? Arbeitskampf in der Neustädter Gastro

Die Dresdner Neustadt ist bekannt für ihre Kneipen und Bars. Das Image des Szeneviertels, wo nach dem Stadtbummel lauschige vegane Cafés und urige Bars Besucher*innen erwarten, passt in das Marketing der Stadt wunderbar hinein. Doch die Gastro-Branche ist traditionell Ort schlechter und ungesunder Arbeitsbedingungen. Da bildet auch die Neustadt keine Ausnahme wie ein neuerlicher Arbeitskampf im veganen Café „V-Cake auf der Rothenburger Straße zeigt. Neben schlechten Arbeitsbedingungen steht auch der Vorwurf im Raum, der Chef des Cafés habe sich gegenüber Mitarbeiter*innen übergriffig verhalten.

Protest gegen fristlose Kündigung

Im August 2025 organisierte die anarchistische Gewerkschaft „Freie Arbeiter*innen Union“ (FAU) eine spontane Kundgebung vor dem Café. Nach eigenen Aussagen kamen etwa sechzig Menschen zu der Aktion unter dem Motto „Süße Kuchen, bittere Jobs“ am 27. August 2025. Anlass war die fristlose Kündigung eines Mitarbeiters, sowie die sehr kurzfristige Kündigung einer weiteren Arbeiter*in, nachdem diese sich laut Gewerkschaft FAU über die schlechten Arbeitsbedingungen beschwert hätten.

Die Gewerkschaft zog gegen die fristlose Kündigung vor Gericht. Doch zur Verhandlung kam es nicht. Der Inhaber des Cafés wandelte die Kündigung kurz vor Verhandlungsbeginn in eine fristgerechte um. Die FAU Dresden kündigte allerdings an, weiterhin Proteste gegen schlechte Arbeitsbedingungen zu organisieren. Ehemalige Angestellte des Cafés berichteten von „einem schlicht unerträglichen Arbeitsklima“, gegen das man vorgehen wolle.

„Gezielte Einschüchterung und systematischer Machtmissbrauch“

Im September erschien nun ein Artikel von Marvin Graewert auf der Nachrichtenplattform t-Online, der ein ganz neues Licht auf die Auseinandersetzung werfen könnte. Im Artikel werden die Erfahrungen von sechs anonym bleibenden Arbeiter*innen eines ebenso nicht näher benannten „beliebten Dresdner Cafés“ geschildert.

Der Arbeitsalltag sei geprägt worden von Annäherungsversuchen durch den Chef des Cafés, welcher immer wieder und gegenüber mehreren Arbeiter*innen anzügliche Bemerkungen und ungewollte Berührungen gemacht habe. „Er hat ständig versucht, Körperkontakt herzustellen, wahrscheinlich um das möglichst beiläufig zu normalisieren.“, wird eine Arbeiterin in dem Artikel zitiert.

Auf Ablehnung und Kritik habe der nicht namentlich bgenannte Chef heftig reagiert. So soll er in einem Fall jegliche Kommunikation sogar organisatorischer Natur für die Arbeit eingestellt und die Angestellte mit Schweigen bestraft haben. In einem anderen Fall habe er systematisch Druck ausgeübt, etwa in dem er mit Stoppuhr jede Bewegung einer Angestellten dokumentiert habe. Bis heute hätten alle Betroffenen starke psychische Belastungen von der Arbeit in dem Café davon getragen. Eine Arbeiterin verließ die Branche danach für immer.

Von derartigen Fällen war allerdings in der bisherigen Öffentlichkeitsarbeit der Gewerkschaft FAU nie die Rede gewesen. Auch auf eine Nachfrage seitens addn.me äußerte sich die Gewerkschaft nicht zur Frage, ob es zwischen ihren Protesten und dem Artikel bei t-Online einen Zusammenhang gäbe. Die Gewerkschaft verwies aber darauf, dass sexualisierte Gewalt in hierarchischen Beziehungen mit starken Abhängigkeiten besonders häufig vorkomme. Entsprechend öffneten prekäre Anstellungsverhältnisse – wie häufig in der Gastronomie – Belästigung und sexualisierter Gewalt Tür und Tor. Man habe vor kurzem eine Veranstaltung zur Aufklärung über sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz in der Dresdner Neustadt abgehalten. Dass diese ausgerechnet vor dem Café V-Cake stattfand, kommentierte die Gewerkschaft nicht.

Eine Anfrage von addn.me an den Betreiber des Cafés V-Cake blieb unbeantwortet.

Plakate kritisieren sexualisierte Gewalt im V-Cake.

An einer Fensterscheibe klebt ein Plakat mit dem Text Plakate beschuldigen den Inhaber des Cafés V-Cake.

Aufmerksame Neustädter*innen konnten in den letzten Wochen mehrfach Plakate an verschiedenen Orten vor allem in der Rothenburger Straße sehen. Verschiedene abgedruckte Sprüche nannten den Betreiber des Cafés V-Cake persönlich. Die Anschuldigung ist eindeutig: ihm werden mehrere Zitate in den Mund gelegt, die Belästigung bagatellisieren, unter anderem auch die bei t-Online auffindbare Bemerkung „Mobbing ist mein Hobby“ Auf den Artikel bei t-online verweist auch der auf den Plakaten abgedruckt QR-Code.

Der Grund für diese anonyme Form der Auseinandersetzung könnte daran liegen, dass die juristische Nachweisbarkeit vieler Anschuldigungen schwierig sein dürfte. In vielen Situationen würden die Aussagen von einzelnen Arbeiter*innen gegen die ihrer Chef*innen stehen und damit kein ausreichender Nachweis erbracht werden. Dieses Muster dokumentiert das Antidiskriminierungsbüro immer wieder. Somit sind öffentliche Äußerungen ganz egal ob wahr oder falsch schnell mit Verleumdungsklagen bedroht. Auch hier gibt das Machtgefälle zwischen Chef*innen und Arbeiter*innen den Vorteil im Zweifel den Mächtigeren.

Parkscheinautomat mit aufgeklebtem PlakatEiner Studie der Antidiskriminierungsstelle des Bundes aus dem Jahr 2019 zeigt, dass 19 Prozent aller Arbeiter*innen sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz erleben. Dabei sind Frauen1 fast doppelt so oft betroffen wie Männer und ein überwiegender Anteil der angegebenen Täter*innen ist männlich.

Wie sich Betroffene wehren können dokumentiert die Antidiskriminierungsstelle des Bundes ebenfalls auf einer umfassenden Website.


1 Die Studie differenziert lediglich nach Männern und Frauen und beinhaltet keine anderen Geschlechter.

Titelbild: FAU Dresden

Quelle: addn.me