Gefängnisstrafe nach Arbeitskonflikt?
In der spanischen Stadt Gijón kämpfte 2017 unsere Schwestergewerkschaft CNT um die Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Belegschaft in der Konditorei „La Suiza“. Es ging um nicht bezahlte Überstunden und Urlaub, sexuelle Belästigung sowie der Kündigung einer schwangeren Kollegin. Nachdem der Chef ein Gesprächsangebot ausgeschlagen hatte, gab es angemeldete Kundgebungen und Aktionen vor der Firma mit Flugblätter Verteilen, Transparente Zeigen und öffentliche Reden über Lautsprecher. Stets war Polizei anwesend und es gab keinen einzigen Zwischenfall, den diese verfolgt hatte. Die gegnerische Seite antwortete jedoch auf die Gesprächsbereitschaft der kämpfenden Kolleg*innen mit juristischen Klagen unter anderem wegen Nötigung und Schadenersatzforderungen in einer über 11.000 Seiten(!) umfassenden Klageschrift. Ein als sehr arbeiter- und gewerkschaftsfeindlicher bekannter Richter am Landesgerichtshof folgte dem Anliegen des Chefs und verurteilte in 2021 6 Kolleginnen zu jeweils 3,5 Jahren Haft ohne Bewährung und zu einer Geldstrafe von insgesamt 125.428€, die an den Unternehmer zu zahlen ist. Die CNT legte Berufung ein, aber der oberste spanische Gerichtshof hatte im vergangenen Juni das vorhergehende Urteil bestätigt. Die verbliebenen Rechtsmittel sind verschwindend gering: Der Gang zum Europäischen Gerichtshof bzw. der juristische Versuch die Gefängnisstrafe zur Bewährung auszusetzen.
Arbeitskonflikt und Kundgebung
der CNT vor der Konditorei „La Suiza“.
Wir sind mehr als Sechs!
Die für ihre klare klassenkämpferische Haltung bekannte Gewerkschaft CNT antwortete in all den Jahren neben legalen Mitteln auch mit einer Vielzahl von öffentlichen Protestaktionen auf die Urteile sowie mit zwei zentralen Demonstrationen in Madrid und im vergangenen Juni in Gijón unter dem Motto „Gewerkschaftsarbeit ist kein Verbrechen!“. Sollten die Urteile Schule machen und zu einem rechtlichen Standard werden, würde die Gewerkschaftsfreiheit und -arbeit in Spanien einen sehr massiven Rückschlag erleiden. Weil auch weitere Gewerkschaften diesen Angriff so einordnen, gab es daher eine gemeinsame, historisch einmalige Pressekonferenz aller großen spanischen Gewerkschaften am 13. Juli 2024, um die CNT in diesem Konflikt zu unterstützen. Mehrere Dutzende Gewerkschaften zeigen derzeit ihre Solidarität und rufen am 28. September in Gijón zu einer Demonstration für die sechs Kolleginnen der La Suiza und für die Gewerkschaftsfreiheit auf. Auch die Internationale Konföderation der Arbeit (IKA, icl-cit.org) ruft zu einem internationalen Aktionstag an diesem Datum auf. Die FAU stets verbunden mit dem Gedanken und dem festen Glauben an die Stärke der internationalen Klassensolidarität ist mit dabei!
In Stuttgart rufen wir daher zu einer Protestkundgebung vor dem spanischen Konsulat auf. Beginn am 28.9. um 13:30 in der Hugo Borst Anlage!
- Ihr seid nicht allein! ¡No estáis solas! You are not alone!
- Freiheit für die sechs Kolleginnen der La Suiza! ¡Libertad para las seis compañeras de La Suia! Freedom for the six from La Suiza!
- Gewerkschaftsarbeit ist kein Verbrechen! ¡Sindicalismo no es un delito! Labour union action is not a crime!