Seit Februar finden die Tarifauseinandersetzungen im Sozial- und Erziehungsdienst statt

Was wir jetzt erleben:

Der Tarifvertrag für den Sozial- und Erziehungsdienst (SuE) ist zum Ende des Jahres 2021 gekündigt und bis zum Mai 2022 soll es zu Tarifauseinandersetzungen mit dem Verband der kommunalen Arbeitgeber kommen. Als Freie Arbeiter*innen-Union (FAU) werden wir diese Auseinandersetzungen dazu nutzen, in den Betrieben mit unseren Kolleg*innen diskutieren und gewerkschaftliche Betriebsgruppen zu gründen.

Im Sozial- und Erziehungsdienst gibt es seit Jahren viele verschiedene Probleme, die dringend gelöst werden müssen. Das betrifft einmal unsere Arbeitsbedingungen, die sich während der Corona-Pandemie weiter verschlechtert haben, wie auch die vergleichsweise schlechte Bezahlung in unserer Branche.

Wir sehen wegen der immer anspruchsvolleren und verdichteten Arbeit dringenden Bedarf an einem wesentlich längeren Jahresurlaub, wie es ihn in anderen pädagogischen Arbeitsfeldern (z.B. bei Lehrer*innen) schon lange gibt, und eine seit Jahrzehnten immer wieder von linken GewerkschafterInnen geforderten Arbeitszeitverkürzung auf 30 Stunden pro Woche bei vollem Lohnausgleich.

ver.di und GEW haben im November 2021 eine faktische Lohnsenkung vereinbart. Von Applaus zahlt niemand seine Miete – von Reallohnsenkungen durch ver.di/GEW auch nicht!

Was auf uns zukommt:

Die Teuerungsrate in Deutschland hat im November 2021 mit über fünf Prozent den höchsten Stand seit fast 30 Jahren erreicht. In dieser Situation wurde von ver.di und GEW ein neuer Tarifvertrag unterschrieben, das Ergebnis ist für die 800.000 betroffenen Beschäftigten ein Desaster.

Es gibt eine steuerfreie Einmalzahlung (Corona-Prämie) von 650 bis 1.300 Euro in ersten Quartal 2022 und ab 1. Dezember werden die Löhne und Gehälter um 2,8 % (auf zwei Jahre) erhöht. Dazu kommen im Gesundheitsbereich noch lächerlich geringe Zulagen für einzelne Berufsgruppen.

Das bedeutet eine Minusrunde für zwei Jahre, angesichts der gegenwärtigen Preissteigerung. Der ver.di-Chef fabulierte angesichts des erbärmlichen Abschlusses von „spürbaren Einkommensverbesserungen”. Offen blieb, warum eigentlich nicht gekämpft wurde?

Der Abschluss für den öffentlichen Dienst der Länder ist ein drohendes Beispiel dafür, was uns bevorsteht, wenn wir uns nicht sehr schnell organisieren, um Reallohnsenkungen auch für uns zu verhindern und deutliche Lohnerhöhungen durchzusetzten.

Die Situation:

Wir schlagen uns mit Personalmangel, Arbeitsverdichtung, mangelden Vorbereitungszeiten usw. herum, haben für verschiedene Arbeiten keine geplante und bezahlte Zeit (z.B. „fallunspezifische” Zeit, Vor- und Nachbereitungen, Dokumentationsarbeit, Arbeit im Sozialraum usw.), arbeiten häufig mit mangelhafter technischer Ausstattung, werden bei einem Stellenwechsel beim Lohn als Berufsanfänger*innen eingestuft, müssen oft ohne nötige Fort- und Weiterbildungen unsere täglich Arbeit erfüllen und bekommen dafür häufig nicht einmal den bescheidenen Tariflohn bezahlt.

Konkret fordern wir:

– die Berufsgruppen im SuE sind durchgängig eine Entgeltgruppe höher einzugruppieren

– das Monatseinkommen ist um einen Mindestbetrag von 500 Euro brutto zu erhöhen

– vor allem die Niedriglohngruppen sind nach oben anzupassen

– die Jahressonderzahlung soll anteilig auch an die Beschäftigten ausgezahlt werden, die vor Dezember eines Jahres ausscheiden

– fällt ein Feiertag auf ein Wochenende, ist dieser am folgenden Wochentag nachzuholen

Einige allgemeine Forderungen zur Tarifrunde:

– Bei einem Stellenwechsel muss die bisherige Stufe zwingend berücksichtigt werden, auch die Berufserfahrung, die bei anderen Trägern oder auch in anderen Berufsfeldern erworben wurde, muss anerkannt werden.

– Anpassung der bisherigen langen Stufenlaufzeiten im Sozial- und Erziehungsdienst an die Laufzeiten der übrigen TVöD (= ein Jahr in Stufe 1, zwei Jahre in Stufe 2 usw.).

Einige Forderungen für die Soziale Arbeit:

– Die Arbeitszeit soll bei vollem Lohnausgleich auf 30 Stunden/Woche verkürzt werden, Arbeitsverdichtung ist auszuschließen.

– Arbeitsprozesse müssen so organisiert werden, dass die Arbeitsbelastung auch bei einer Vollzeitstelle bis zur Rente durch gehalten werden kann. Höhere Löhne (s. oben) schaffen größere Spielräume für individuelle Arbeitszeitreduzierungen.

– Für Tätigkeiten mit einem festen Stellenschlüssel (z.B. Allgemeiner Sozialer Dienst, Casemanagement, Sozialdienst in Unterkünften usw.) sollte eine Definition anhand fachlicher Standards festgeschrieben werden.

– Gefährdungsbeurteilungen müssen für alle Arbeitsbereiche erstellt und die Arbeitsbelastung dabei deutlich berücksichtigt werden.

– Die Bereitschaftsdienste müssen mit der vollen Arbeitszeit plus den jeweiligen Zuschlägen vergütet werden.

– Anspruch auf bezahlte Fort- und Weiterbildung nach unseren Anforderungen und Wünschen.

Was ist die FAU?

Die FAU (Freie Arbeiter*innen Union) ist eine 1977 gegründete Gewerkschaftsföderation in Deutschland, die seit Jahren für eine kämpferische und basisdemokratische Alternative zu den deutschen Zentralgewerkschaften und in der Tradition des Anarcho-Syndikalismus steht.

In der FAU haben sich unabhängige lokale Gewerkschaften (Syndikate) zusammengeschlossen. Ein wesentlicher Unterschied zu anderen Gewerkschaften ist, wie wir uns organisieren. In der FAU werden alle wichtigen Entscheidungen in Vollversammlungen und auf Delegiertentreffen von der Basis getroffen. So sind Funktionsträger*innen und Delegierte weisungsgebunden und lediglich ausführende Organe. Die Mitglieder der FAU setzen sich gemeinsam für die Verbesserung ihrer Arbeits- und Lebensbedingungen ein. Dies geschieht neben Arbeitskämpfen und Betriebsarbeit auch durch Kultur- und Bildungsarbeit sowie Solidarität und gegenseitige Hilfe im Alltag. Die FAU beteiligt sich an Bündnissen und sozialen Bewegungen, die ähnliche Ziele verfolgen.

REGION SÜD | SOZIAL- UND ERZIEHUNGSDIENST

fau-sued-sue@fau.org | www.fau.org

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