
Am Donnerstag den 17.7 fand am Holzmarkt in der Tübinger Innenstadt eine Kundgebung gegen die aktuell diskutierte Senkung der Mindestlöhne von Saisonarbeiterinnen statt. Die Freie Arbeiterinnenunion (FAU) Sektion Tübingen/Reutlingen rief dazu auf sich mit den betroffenen Saisonarbeitskräften solidarisch zu zeigen und die jüngste Forderung des Bauernverbandspräsidenten Rukwied entschieden zurückzuweisen. Dieser hatte wenige Tage zuvor mit der fadenscheinigen Begründung, dass ihr Lebensmittelpunkt nicht in Deutschland liege, gefordert dass Saisonarbeiter*innen in Deutschland kein Mindestlohn mehr gezahlt werden solle – wobei dieser durch massiv übersteigerte Unterkunfts-, Versorgungs- und Vermittlungskosten sowieso häufig nur auf dem Papier existiert.
Bundesagrarminister Alois Rainer (CSU) zeigte sich offen für die Forderung und gab gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland an, dass seine Fachleute prüfen, ob es einen rechtssicheren Weg gebe, Ausnahmen vom Mindestlohn möglich zu machen.
Vor allem migrantische Saisonarbeitskräfte machen etwa ein Drittel der landwirtschaftlichen Beschäftigten in Deutschland aus. Sie arbeiten vor allem in arbeitsintensiven Sonderkulturen und kleinen bis mittelgroßen Landwirtschaftsbetrieben und gehören schon jetzt zu der Berufsgruppe mit der schlechtesten Bezahlung, den längsten Arbeitstagen (Beschäftigte berichten teilweise von 10-14 Stundentagen), den menschenunwürdigsten Unterkünften, sowie den meisten (oft auch tödlichen) Unfällen und sind somit die am härtesten arbeitenden und verletztlichsten Beschäftigten der Landwirtschaft.
Die Ortsgruppe der FAU fordert wie ihre überregionale Arbeitsgruppe IGG (Initiative Grüne Gewerke) eine komplette Angleichung der Arbeitsverhältnisse für migrantische Saisonkräfte u.a.hinsichtlich Sozialversicherung, Löhnen und Arbeitsrechten, die Absetzung des Bauernverbandspräsidenten Rukwied und 15€ als Lohnuntergrenze für alle Beschäftigten in den Bereichen Gartenbau, Forst und Landwirtschaft. „Wenn einer von uns getroffen wird sind wir alle gemeint und dürfen uns das nicht gefallen lassen“, so Lennart von der Ortsgruppe der FAU Tübingen/Reutlingen. Eine Rednerin des Arbeitsgemeinschaft Bäuerliche Landwirtschaft Baden-Württemberg zeigte außerdem auf, dass eine zukunftsfähige sozial- und umweltverträgliche Landwirtschaft möglich ist, insofer die entsprechenden politischen Rahmenbedingungen geschaffen werden.